Andreas von Arx
Der Rothrister Feuerwehr Kommandant im Interview
Marianne Candreia nahm sich nach dem Referat noch Zeit für Publikumsfragen.
Bild: gc
Eine komplexe Krankheit, welche Betroffene und ihre Angehörige vor viele Fragen stellt: Demenz. Im Rahmen eines Vortragszyklus, der von der Fachstelle für Altersfragen Zofingen organisiert wurde, hielt Marianne Candreia von «Alzheimer Aargau» vergangene Woche ein Referat rund um achtsames Begleiten und Begegnen eines demenzkranken Menschen.
Zofingen Insgesamt 91 Interessierte besuchten den Vortrag «Demenz – vom achtsamen Begegnen und Begleiten». Im gut gefüllten Konferenzraum des Seniorenzentrums Brunnenhof herrschte reger Betrieb.
Als Referentin agierte Marianne Candreia, Geschäftsstellenleiterin von «Alzheimer Aargau» in Suhr. Die Organisation bietet u. a. kostenlose Beratungen an, fördert mit Öffentlichkeitsarbeit das Verständnis gegenüber diversen Demenzformen und schafft Angebote für betroffene Personen und Angehörige.
Begrüsst wurde Marianne Candreia durch Marianne Hürzeler von der Alterskommission Zofingen.
Demenz ist ein Überbegriff für diverse Erkrankungen des Hirnes, bei denen es zur Abnahme der geistigen und kognitiven Leistungsfähigkeiten kommt. Die Krankheit zeigt sich im Verlauf durch Veränderungen der Persönlichkeit oder gewisser Charakterzüge. Im Alltag kommt es zu Einschränkungen und Verwechslungen. Plötzlich weiss man nicht mehr, was man zum Beispiel mit der Zahnpasta und -bürste anfangen soll. Die Demenzfachfrau betont, dass es immer eine individuelle Verlaufsgeschichte ist. Wie schnell krankheitsbedingte Veränderungen voranschreiten, sei von vielen Faktoren abhängig. Auch das Umfeld der betroffenen Person habe einen wesentlichen Einfluss darauf. Deshalb der Titel «Demenz – vom achtsamen Begleiten und Begegnen».
Nebst zahlreicher Veränderungen, die die Krankheit mit sich bringt, wie in der Sprache oder Orientierung, ist auch die Wahrnehmung tangiert. Menschen mit demenziellen Veränderungen nehmen anders wahr. Dazu gehören beispielsweise Licht oder Geräusche. Dies habe Folgen im Verhalten. So könne es sein, dass sich die betroffene Person aus Gruppen zurückzieht, weil es ihr – durch die veränderte Wahrnehmung – nicht mehr wohl ist. «Sie kann die Stimmen sowie den Inhalt nicht mehr zu- und einordnen und es ist zu laut.»
Mit dem Alter macht sich oft eine gewisse Vergesslichkeit bemerkbar. Doch wann ist diese normal und wann könnte es sich um demenzielle Veränderungen handeln? Marianne Candreia erläutert, dass Symptome einer Altersvergesslichkeit eher über 60 Jahren wahrgenommen werden. Zudem ist diese vorübergehend und punktuell. Bei Demenz ist der Gedächtnisschwund zunehmend und anhaltend, zudem bemerkt man Symptome oftmals schon vor dem 60. Lebensjahr. Hier betont die Referentin, dass die Symptome nicht trennscharf sind und es keine absolute Garantie ist, dass es sich um die vermutete Krankheit handelt. «Eine Altersvergesslichkeit, diese möchte ich gar nicht schmälern, kann auch unsicher machen. Aber es ist möglich, sich durch intensives Nachdenken wieder an das Vergessene zu erinnern. Bei einer demenziellen Erkrankung gehen ganze Lebensbereiche oder Einheiten vergessen; vor allem im Kurzzeitgedächtnis.»
Wie stellt man fest, ob es sich wirklich um Demenz handelt? Der erste Schritt führt zum Hausarzt. Dies sollte man tun, wenn man selbst oder das Umfeld, über mehrere Monate entsprechende Verschlechterungen feststellt. Nach diagnostischen Gesprächen und Untersuchungen wird der oder die Patient/in an einen Spezialisten oder eine Memory-Clinic (Zentrum für die Diagnostik von Hirnleistungsstörungen) weitergeleitet.
«Menschen mit demenziellen Veränderungen leben häufig in einer grossen Unsicherheit, die Angst auslösen kann und in Unruhe versetzt», erklärt Marianne Candreia. Allenfalls führe das auch zu aggressivem Verhalten. Es ist die Aufgabe des Umfeldes, hierbei mehr Sicherheit und Geborgenheit auf Augenhöhe zu bieten und den Halt zu geben, welcher abhandenkommt. Eine besondere Stärke von Menschen mit einer demenziellen Erkrankung ist die emotionale Wachheit, erklärt Candreia. «Sie sind sehr ‹gspürig› auf Stimmungen des Gegenübers und merken sofort, wie jemand ihnen gegenüber eingestellt ist», meint Candreia und ergänzt: «Darin stecken unglaubliche Ressourcen.»
Die richtige Kommunikation ist beim Begleiten einer demenzkranken Person unabdingbar. Candreia hält dafür wesentliche Punkte fest: Den Blickkontakt erstellen und halten, allenfalls diesen auch suchen – der Blick in die Augen könnte für die erkrankte Person so etwas wie eine Andockstelle sein. Stets mit einer freundlichen Stimme begegnen ist ebenfalls essenziell. «Wir werden übrigens über den Stimmklang identifiziert», so die Demenzberaterin. «Menschen mit Demenz können vielleicht den Namen nicht mehr sagen, der ist ja kognitiv; aber wir sind erkennbar über unsere Aura, Tonalität und eben die Stimme.» Um einen Selbstbezug zu ermöglichen, sollte man die Person stets mit Namen ansprechen. Die Wortwahl sei von grosser Bedeutung. Beispielsweise benutzt man Schlüsselwörter, welche die Person selbst immer angewandt hat. Jedoch sollten negativ konnotierte Wörter wie «nichts», «niemanden», «keiner» soweit möglich vermieden werden. Ein Tabu sei Kindersprache: «Das sind Menschen mit vielen Lebensgeschichten und Lebenserfahrung», betont die Geschäftsstellenleiterin von «Alzheimer Aargau».
Im Rahmen des Vortragszyklus lud die Fachstelle für Altersfragen Zofingen an insgesamt vier Referaten im Brunnenhof ein. Der letzte Vortrag fand diese Woche statt.
Von Gemma Chillà
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